Pferd, das über seine geöffnete Boxentür blickt.

Haftung, Risiko, Versicherungsschutz: Wenn das Pferd in einen Nagel tritt

Ein Pferd, das auf dem Außengelände eines Reitvereins eingestellt war, trat sich einen Nagel in den Huf. Die Eigentümerin verlangte vom Verein die Kosten für die Behandlung in einer Tierklinik. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschied, dass der Verein nicht haftet, weil er zumutbare Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte und beschreibt den Vorfall als schicksalhaften Verlauf eines allgemeinen Lebensrisikos.

Der Rechtsstreit – kurz erklärt

Eine Pferdehalterin hatte ihr Pferd bei einem Reitverein in einem Pensionsstall untergebracht und einen sogenannten Einstellvertrag mit dem Verein geschlossen. Der Vertrag sah vor, wie sich der Verein um das Tier zu kümmern hat.

Eines Tages stellte die Eigentümerin fest, dass ihr Pferd eine Verletzung am Hinterhuf hatte. Ursache: ein Nagel, der sich tief in den Huf gebohrt hatte. Die Wunde musste in einer Tierklinik operativ behandelt werden. In der Folge entwickelte das Pferd eine schwere Kolik und musste eingeschläfert werden.

Die Besitzerin trug vor, sie habe das Pferd nach dem Ausritt ordnungsgemäß versorgt und beschwerdefrei in die Box gestellt. Daher vermutete sie, der Nagel habe sich in der Box – also im Verantwortungsbereich des Vereins – befunden.

Um Ansprüche gegenüber dem Betreiber durchzusetzen, musste sie jedoch nachweisen, dass die Verletzung im Verantwortungsbereich des Reitvereins entstanden war und dieser seine Pflichten verletzt hatte. Dies gelang ihr nicht. Das Landgericht wies die Klage ab und auch die Berufung vor dem OLG Frankfurt blieb erfolglos.

Das Urteil und seine Begründung

Das OLG stellte im Leitsatz fest:

„Tritt ein Pferd sich auf einem von einem Reitverein bewirtschafteten Außengelände einen einzelnen Nagel in den Huf, während es sich in der Obhut des Eigentümers oder dessen Hilfspersonen befindet, obwohl der Reitverein regelmäßig zumutbare Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit vorgenommen hat, ereignet sich die Verletzung in der Regel nicht (in) dem allgemeinen Gefahren- und Verantwortungsbereich des Betreibers der Reitanlage. Vielmehr verwirklicht sich infolge schicksalhaften Verlaufs ein allgemeines Lebensrisiko, für das der Reitverein regelmäßig nicht einzustehen hat.“
(OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2024, Az. 26 U 24/23)

Im konkreten Fall war nicht nachgewiesen, dass sich das Pferd tatsächlich in der Box oder im Verantwortungsbereich des Vereins verletzt hatte. Die Klägerin konnte außerdem nicht belegen, dass sie das Pferd nach dem Reiten beschwerdefrei in die Box gestellt hatte.

Bedeutung für Reitvereine und Pferdehalter

Der Fall zeigt deutlich, dass nicht jede Verletzung eines Pferdes auf dem Gelände eines Vereins automatisch eine Haftung des Betreibers begründet.

Entscheidend ist insbesondere:

  • in wessen Gefahren- und Verantwortungsbereich sich der Vorfall ereignet hat,
  • ob der Betreiber seine Obhuts- bzw. Verkehrssicherungspflichten erfüllt hat und
  • ob die Verletzung tatsächlich dem Verantwortungsbereich des Vereins zugeordnet werden kann oder – wie hier – ein allgemeines Lebensrisiko darstellt.

Schutz durch die richtigen Versicherungen

Um sich vor den finanziellen Risiken, wie hohe Operationskosten oder Schadenersatzforderungen zu schützen gibt, es auf beiden Seiten Versicherungsmöglichkeiten, die zu empfehlen sind.

Für den Betreiber des Pensionsstalls oder Reitvereins

Der Fall zeigt, wie wichtig eine Obhutschadenversicherung für Stallbetreiber ist. Sie bietet Deckung für Schäden an eingestellten oder untergebrachten Pferden.
Allerdings: Kann der Betreiber nachweisen, dass er seine Sicherheitsmaßnahmen regelmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt und sich die Verletzung außerhalb seines Verantwortungsbereichs ereignet hat (z. B. im Verantwortungsbereich des Pferdehalters), haftet er nicht automatisch. Dennoch empfiehlt sich entsprechender Versicherungsschutz, weil nicht jeder Fall so eindeutig ist.

Um im Schadenfall bestmöglich vorbereitet zu sein, sollte der Betreiber seine Sicherheits- und Kontrollkonzepte dokumentieren. Solche Nachweise erleichtern im Schadenfall die Abwehr von Ansprüchen und die Einschätzung des Versicherers.

Für die Pferdehalter und Eigentümer

Neben einer Pferdehalterhaftpflichtversicherung sollten Pferdebesitzer unbedingt eine OP-Kosten– oder besser noch eine Tierkranken- mit OP-Versicherung abschließen.
Denn Tierarztkosten, Operationen und Klinikaufenthalte können erhebliche Summen erreichen.

Tritt der Schaden dann doch ein, so gilt für beide Seiten: Im Schadenfall sofort dokumentieren, möglichst zeitnah den Schaden feststellen lassen und nicht erst Tage später reagieren.

Prävention und klare Zuständigkeiten

Betreiber und Einsteller sollten bereits im Einstellvertrag klare Regelungen zu Verantwortungsbereichen und Vorgehensweisen im Schadensfall treffen:
Wer informiert wird, wie schnell ein Tierarzt zu rufen ist und wie die Dokumentation zu erfolgen hat.

Für Betreiber gilt: Ein ordnungsgemäßer Zustand der Anlage verringert Gefahrenquellen erheblich.
Regelmäßige Kontrollgänge helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen.

Sicherheit durch klare Regeln und Absicherung

Der Fall macht deutlich: Es besteht keine automatische Haftung eines Reitvereins für jedes Risiko auf seinem Gelände. Entscheidend bleiben Beweisführung, Verantwortungsabgrenzung und sorgfältige Prävention.
Für Betreiber wie auch Pferdehalter gilt: Dokumentation, klare Verträge und passender Versicherungsschutz sind unerlässlich.

Sollten Sie daher Fragen zu den angesprochenen Versicherungen haben, kommen Sie gerne auf uns zu!